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Wider besseres Wissen?? Prozess gegen einen "Querulanten" wegen angeblich "falscher Verdächtigung"
Jemanden zu Unrecht einer Verfehlung zu verdächtigen, ist keine Straftat, sonst müsste jeder Staatsanwalt nach einem verlorenen Prozess und jeder Richter, dessen Urteil in der Berufung aufgehoben wird, selbst eine Geld- oder Haftstrafe befürchten.
Insofern macht bereits der Untertitel eines Echo-Berichtes vom 27. 12. 02 über einen Prozess am Amtsgericht Bensheim stutzig:
“Angeklagter muss Geldstrafe zahlen, weil er die Nichte der Nachbarin zu unrecht beschuldigt hat.“
Wenn dieser Satz tatsächlich den Prozessverlauf subsumiert, hätte sich die Justiz (wegen Rechtsbeugung) strafbar gemacht: Sie darf niemanden anklagen und noch weniger verurteilen und bestrafen, nur weil jemand „zu Unrecht beschuldigt“ wurde. Sei es der Nachbar, die Nichte oder der Bundeskanzler.
Das entscheidende Kriterium für die falsche Verdächtigung lautet nämlich: „wider besseres Wissen“.
Doch dass der nun am Amtsgericht Bensheim verurteilte pensionierte Verwaltungsangestellte eine falsche Verdächtigung „wider besseres Wissen“ betrieben haben soll – dafür kann der Bericht im Echo keinerlei Nachweis nennen.
Worum ging es? Der Ex-Verwaltungsangestellte vermutete, dass seine 90 Jahre alte Nachbarin von deren 34 Jahre alter Nichte nicht ordnungsgemäß betreut wurde. Die alte Frau sei von der gerichtlich als Betreuerin bestellten Nichte nicht ausreichend mit Nahrungsmitteln, Getränken und Medikamenten versorgt worden.
Dass die junge Frau, die ohne Beruf und ohne regelmäßiges Einkommen war, sich eine neue Küche und ein Auto leisten konnte, erklärte er sich durch Unterschlagung: Sie habe dazu die respektable Pension ihrer alten Tante zweckentfremdet.
Vor Gericht erklärte die von ihm beschuldigte junge Frau, das Geld für die neue Küche von ihrer Mutter erhalten zu haben, das Auto habe ihr der Stiefvater geschenkt. Das kann so sein.
Nur: Wie sollte der sie verdächtigende Ex-Verwaltungsangestellte das genau wissen? Mit Sicherheit hatte er keinen Einblick in die Rechnungsführung und die Finanzen der (betreuenden) Nichte und der (betreuten) Tante.
Deswegen hatte er sie womöglich leichtfertig zu Unrecht verdächtigt – aber unmöglich „wider besseres Wissen“.
Auf diesem (absurden) Vorwurf fußte aber die Anklage gegen ihn – und dann auch die Verurteilung zu 2200 Euro Geldstrafe.
Aus dem Echo-Bericht geht nicht hervor, dass die Verdachtsmomente gegen die Betreuerin eindeutig entkräftet sind:
Eine unzureichende Versorgung der alten Frau mit Lebensmitteln und Medikamenten kann im Wissen um eine bevorstehende amtliche Überprüfung kurzfristig korrigiert bzw. kaschiert werden, ähnliches gilt für die Verschleierung finanzieller Unregelmäßigkeiten, die es im Betreuungsbereich zuhauf gibt.
Zwischen den Zeilen geht aus dem Echo-Bericht jedenfalls hervor, dass der entscheidende Nachweis gegen den Angeklagten nicht geführt wurde: Dass er nämlich „wider besseres Wissen“ gehandelt hatte.
Welches Motiv könnte die Justiz haben, einen früheren Verwaltungsangestellten rechtswidrig anzuklagen und zu verurteilen?
Ein Nebensatz über den im Echo-Bericht als „Querulanten“ bezeichneten Ex-Verwaltungsangestellten ist aufschlussreich:
“Der Angeklagte, der schon mehrere Verfahren ... AUCH GEGEN AMTSPERSONEN eingeleitet hatte...“ Es könnte gut sein, dass er für diese „Nestbeschmutzung“ (auch der Justiz?) nun von Oberamtsanwalt Heinz Hampe eine „aufs Maul bekommen sollte“ –zumal die Vorwürfe an die Betreuerin sich implizit auch gegen das örtliche und sie (lax?) beaufsichtigende Amtsgericht richteten.
Hampe unterstellte dem Mann dann auch noch, dass „er selbst die Betreuung der alten Frau angestrebt habe, um sich an der guten Pension der Beamtenwitwe zu bereichern“. Feine Verdächtigung oder Rufmord? Und bei den von ihm eingeleiteten Verfahren „gegen Amtspersonen“ wollte sich der „Querulant“ wohl an deren Stelle setzen, um sich an ihrer Besoldung „zu bereichern“?
Zu den Besonderheiten dieses (rechtsbeugenden?) kurzen „Querulanten-Prozesses“ zählt auch der Termin: Einen Tag vor Heilig Abend, das garantiert minimale Öffentlichkeit.
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